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Fachtagung 2025

Bericht

Mehr als 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden sich zur diesjährigen Fachtagung und Mitgliederversammlung des DVW Baden-Württemberg e.V. im Bürgerhaus Seepark in Freiburg im Breisgau ein.
Markus Muhler – der Vorsitzende des Landesvereins – eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die gespannten Gäste. Er warf einen Blick auf das zurückliegende Jahr, das in Baden-Württemberg insbesondere unter dem 70-jährigen Jubiläum des Landesvereins stand, welches mit der beliebten Äffle und Pferdle Jubiläumstasse gekrönt wurde. Zudem fand in 2024 die INTERGEO in Stuttgart statt, die erneut hohe Besucher- und Ausstellerzahlen verzeichnen konnte. Auf Grund der Neuausrichtung der INTERGEO ab 2027 – mit dem zentralen Messestandort in Frankfurt – war dies aber zugleich die vorerst letzte INTERGEO in Baden-Württemberg. Als Antwort darauf – und weil sich die INTERGEO mehr und mehr zu einer globalen Businessveranstaltung entwickelt hat – wurde das FORUM GEODÄSIE ins Leben gerufen, welches im März 2025 zum ersten Mal in Bielefeld stattfand. Diese neue, bundesweit rotierende Veranstaltungsreihe soll den fachlichen und persönlichen Austausch der Geo-Community sichern und wird in 2026 länderübergreifend in Ludwigshafen und Mannheim stattfinden.
Muhler würdigte zum Abschluss seiner Worte noch das außerordentliche ehrenamtliche Engagement innerhalb des DVW Baden-Württemberg e.V., welches erst die vielfältigen und umfangreichen Vereinsaktivitäten ermöglicht.

Im Anschluss begrüßte Dr. Martin Barth – erster Landesbeamter und Leiter des Dezernats „Bauden, Umwelt und Ländlicher Raum“ beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald – die Anwesenden und hieß sie in Freiburg willkommen. Barth stellte die wichtigen und hochaktuellen Tätigkeiten der Vermessung und Flurneuordnung im Landkreis heraus. Dies insbesondere unter den Aspekten des Erhalts und der Zukunftsfähigkeit des Weinbaus und dem Ausbau der Rheintal-Bahn. Er merkte aber auch an, dass in diesen Bereichen und im Bereich der Geoinformation im Allgemeinen die Themen Nachwuchs, Ausbildung und Fachkräftemangel im stärker in den Fokus rücken und auch im Fokus bleiben müssen.

Darauf richtete noch die scheidende Geschäftsführerin des DVW GmbH Christiane Salbach das Wort an das Publikum. Aufbauen auf den Worten von Herrn Dr. Barth veranschaulichte sie, dass in den Zeiten von KI, Klimawandel, Digitalisierung und digitaler Transformation die Geodäsie mehr als nur eine Wissenschaft ist. Vielmehr ist die Geodäsie hier ein entscheidender Faktor, welcher mehr als nur die Erfassung von Koordinaten umfasst. Seien es Themen wie Echtzeitnavigation, interdisziplinäres Denken oder komplexe Themen ganzheitlich zu denken und anzugehen. Sie endete mit den inspirierenden Worten, dass die Veränderung kein Risiko ist, welches es zu vermeiden gilt, sondern eine Chance, die ergriffen werden muss.

Im Anschluss eröffnete Dieter Heß, Leiter des Referats 16 Vermessung- und Geoinformationstechnologie beim Ministerium für Landentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg, mit seinem Beitrag „Liegenschaftskataster der Zukunft“ die Vortragsreihe.
Zu Beginn zeigte Dieter Heß anschaulich auf, dass das Liegenschaftskataster – egal ob in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft – immer Grundlage für essentielle gesellschaftliche Themen war, ist bzw. sein wird. So bildet das Liegenschaftskataster die maßgebliche Basis für Grundeigentum, Bodenordnung, Geoinformationssysteme, aber genauso auch für digitales Planen und zukünftige virtuelle Bauämter.
Im Kontext Digitalisierung und Internet werden in diesem Zusammenhang seit 2015 konsequent Schritte in Richtung des „Digitalen Liegenschaftskatasters 4.0“ gegangen. Essentieller Bestandteil ist hierbei ein durchgängig digitaler, medienbruchfreier Workflow bei der Bearbeitung von Liegenschaftsvermessungen mit digitalem Fortführungsnachweis (DFN), digitalem Fortführungsriss (DFR) und digitalen Berichtigungsunterlagen (DBU). Auch die revisionssichere, digital signierte Archivierung der zugehörigen Daten sowie der arbeitsteilige Datenaustausch mit anderen Behörden, darunter Finanz-, Forst-, Landwirtschafts- und Umwelt- bzw. Bodenschutzbehörden, sowie Grundbuch- und Bauverwaltung gehören dazu.
Ebenso geht es darum photogrammetrische Daten und Laserscanning mit innovativen Auswerteverfahren in den Prozess einzubinden. Auch bieten sich potentiale im Zusammenhang mit Augmented, Virtual und Extended Reality.
Zum Abschluss seiner Präsentation warf Dieter Heß noch einen Blick in Richtung eines möglichen Liegenschaftskatasters von übermorgen und skizzierte dabei interessante Entwicklungsmöglichkeiten. Sei es der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Kataster- und Vermessung im Self-Service, Anpassung der Inhalte im Liegenschaftskataster (zusätzliche oder Verzicht) sowie ein Real-Estate-Cadastre als eine Kombination aus Liegenschaftskataster und Grundbuch. Auch können die Geobasisdaten des Liegenschaftskatasters essentieller Bestandteil eines Digitalen Zwilling von Baden-Württemberg sein.

Mit seinem Vortrag „ILKA und ALKIS-EQK der Zukunft – Komponenten für den digitalen Workflow im Liegenschaftskataster“ nahm Klaus Wiese, Leiter des Referats 41 des Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, das interessierte Publikum im Anschluss nahtlos in zwei aktuelle Projekte des „Digitalen Liegenschaftskatasters 4.0“ mit. Mit den beiden Projekte ILKA (Informationssystem Liegenschaftskatasterakten) und ALKIS-EQK der Zukunft (Erhebungs- und Qualifizierungskomponente) wird das Ziel verfolgt einen digitalen Workflow mit durchgängigen Geschäftsprozessen für die Liegenschaftsvermessungen in Baden-Württemberg zu etablieren.
Von der Übernahme der Ausgangsdaten aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) bis zu dessen Fortführung soll die Bearbeitung der Veränderungen medienbruchfrei erfolgen. Dabei werden die Vermessungsschriften vollumfänglich digital erzeugt und zum Abschluss im neu konzipierten landesweiten Informationssystem Liegenschaftskatasterakten (ILKA) abgelegt. Dieses neue Fachverfahren, so erläuterte Wiese, ermöglicht die Archivierung neu entstandener Liegenschaftskatasterakten sowie die Recherche und Auskunft von Vermessungsunterlagen auf einer digitalen Plattform.
Im Projekt ILKA werden als Grundalge hierfür aktuell alle Altakten des Liegenschaftskatasters – ca. 50 Millionen Dokumente - digitalisiert bzw. digital erfasst. Zur weiteren Verwendung in ILKA bzw. als Grundlage für zukünftige Liegenschaftsvermessungen ist hier die visuelle Prüfung der Digitalisate ein essentieller Bestandteil. Am Ende entsteht – gepaart mit elektronischen Signaturen - ein revisionssicheres, beweiswerterhaltendes, BSI-konformes Landzeitarchiv mit ca. 1,5 Petabyte.

Parallel dazu werden im Projekt ALKIS-EQK der Zukunft ebenfalls entscheidende und wegweisende Schritte für die Ablösung der baden-württembergischen ALKIS-EQK DAVID-kaRIBik gegangen. Für die jeweiligen Prozessschritte von Erhebung, Qualifizierung und Fortführung sollen zukünftig spezialisierte Softwareprodukte eingesetzt werden, welche separat entwickelt und betrieben werden können. Ein entscheidender Faktor für diese Entscheidung war, dass für die Erhebung bereits marktgängige Softwareprodukte verfügbar sind, welche in Baden-Württemberg bereits für Liegenschaftsvermessungen eingesetzt werden. Eine Neu- oder Eigenentwicklung ist an dieser Stelle somit nicht notwendig.       
Mitte März erfolgte nun der lange ersehnte Zuschlag für die zukünftige ALKIS-Erhebungskomponente (ALKIS-EK) des Landes Baden-Württemberg, welche landesweit bei den Vermessungs- und Flurbereinigungsbehörden der Landkreise zum Einsatz kommen wird: GKA3 aus dem Hause HHK/Burg.    GKA3 wird DAVID-kaRIBik in Kürze im Bereich der Erhebung ablösen.   
Im Projekt ALKIS-EQK der Zukunft rücken nun – nachdem dieser Meilenstein geschafft ist – die Qualifizierungskomponente (QK) und die Fortführungskomponente (FK) in den fachlichen und entwicklungstechnischen Fokus.

Darauf aufbauend stellten Oliver Kassen und Rafael Rolli vom Amt für Vermessung des Landratsamt Karlsruhe „Methoden zur Georeferenzierung von digitalen Liegenschaftskatasterakten“ vor.   
Die zugrundeliegende Bachelorarbeit mit dem gleichlautenden Titel untersucht die Methoden zur Georeferenzierung digitaler Liegenschaftskatasterakten, analysiert die Möglichkeiten der Schaffung von Raumbezug für Digitalisate und erforscht den Einfluss von Geoprozessen auf die Recherche bei der Datenerhebung. Ein wesentlicher Teil der Arbeit umfasst dabei die Beschreibung und Realisierung eines entsprechenden Georeferenzierungs-Tools. Als Ziel für die Bachelorarbeit wurde ein „Bericht zum Starten der Vermessung“ fixiert, welcher eine erleichtere Erhebung der maßgeblichen Liegenschaftskatasterakten ermöglicht. Die vorgeschlagene Lösung auf Basis von FME und QGIS ist ein halbautomatischer Ansatz, der manuelle Georeferenzierung und automatische Metadatenverarbeitung kombiniert.        
Im Zuge der Arbeit kristallisierte sich heraus, dass für jedes Digitalisat eine Strategie zur Geoereferenzierung entwickelt werden kann. Ebenso wurde klar, dass der Aufwand zur Schaffung des Raumbezugs bei gewissen Aktentypen nicht lohnenswert ist. Für eine vollautomatische Referenzierung sind zudem weitere Prozesse notwendig. Nichtsdestotrotz birgt der Ansatz großes Potential im Hinblick auf die Digitalisierung.
Aufbauend auf der Bachelorarbeit wurde DILiKIS (Digitale Liegenschaftskatasterakten Landkreis Karlsruhe Informationssystem) beim Landratsamt Karlsruhe realisiert, mit dem Ziel die Vorbereitung für Liegenschaftskatastervermessungen zu erleichtern. DILiKIS umfasst dabei eine (halb) automatische Metadatenerfassung, ein raumbezogenes Auskunftssystem, ein Datenbanksystem, Unterlagen aus dem Archiv und der Registratur, sowie den aus der Bachelorarbeit bekannten „Vermessungsbericht“. Dieser beinhaltet alle an einer bestimmten Stelle vorhandenen Vermessungsschriften. Die Definition erfolgt dabei mit Hilfe einer Bounding Box.
Ebenso hat das zugrundeliegende Datenbanksystem – zur Einpassung ein den landesweiten Rahmen – eine Schnittstelle für die ILKA-Metadatenabgabe.

Mit seinem Vortrag „bw-eArchivGeo – Komponente zur Langzeitspeicherung“ gab Berthold Flocke – Referat 34 des Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg – noch einen Einblick in den IT-technischen Hintergrund des Digitalen Liegenschaftskatasters 4.0.    
Auch wenn die Speicherung von Daten in einem e-Archiv langweilig anmuten mag, so erläuterte Flocke, ist sie dennoch von zentraler Bedeutung. Liegenschaftskatasterakten sind öffentlichen Urkunden und haben eine entsprechende Beweiskraft. Dadurch ergeben sich besondere Anforderungen an die digitale Archivierung dieser Akten bzw. der zugehörigen Daten.
Eine Anforderung ist beispielsweise, dass das bw-eArchivGEO – als Komponente des Digitalen Liegenschaftskatasters – elektronisch signierte Katasterakten über sehr lange Zeiträume (30 Jahre bis unbegrenzt) sicher und vertrauenswürdig speichern muss, um die oben genannte Beweiskraft zu erhalten. Ebenso müssen für die Dokumente Integrität, Authentizität und langzeitliche Lesbarkeit gewährleistet werden.
Zusätzlich sollen auch noch weitere Geodaten, wie Luftbilder, archiviert werden. Diese benötigen allerdings eine entsprechend große Menge an Speicherplatz: zu Beginn ca. 600 Terabyte (ca. 1 Millionen Dateien) mit einem jährlichen Zuwachs von ca. 150 Terabyte.

Den Abschluss der Fachtagung machte Dr. Markus Seifert - stv. AdV-Geschäftsführer und Leiter der AG Smart Mapping – mit dem Vortrag „Smart Mapping – das agile Verfahren der AdV“, in welchem die Rolle von Smart Mapping innerhalb der AdV dargestellt wurde. Ebenso warf er einen Blick auf die neuen basemap.de-Produkte und deren Anwendungsmöglichkeiten.       
Die Initiative „Smart Mapping“, so begann Seifert, entstand aus der Frage, wie die Produktpalette der AdV im Jahr 2020 aussehen würde. Fünf Kernthesen, die 2015 formuliert wurden, geben den Rahmen für das Projekt vor: Aktualität vor Produktvielfalt und vor Qualität, zukünftige Bereitstellung aller Geotopographie-Produkte über Dienste, Automation vor Interaktion, zentrale Stellen und Standardprodukte. Die zentrale Frage war dabei, wie die Karte der Zukunft aussehen sollte.
Die Antwort darauf ist das bundesweite Projekt Smart Mapping der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (AdV) und des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG). Ziel ist die Entwicklung eines agilen Verfahrens zur Herstellung innovativer amtlicher Geotopographie-Produkte, die unter der Produktgruppe basemap.de mit Open Data-Lizenzen veröffentlicht werden.        
Im Gegensatz zur traditionellen AdV-Produktentwicklung (z.B. ALKIS), die langwierig ist und zu heterogenen Ergebnissen führt, hat die agile Entwicklung der basemap.de-Produkte mehrere Vorteile:

·         Ausprobieren was geht und dann in die Umsetzung

·         Anpassung an aktuelle Entwicklungen schnelle möglich (organisatorisch, technisch)

·         Ergebnisse sind bundesweit einheitlich (Aktualität, Inhalte, Lizenzen)

·         Schnelle und kostengünstige Ergebnisse

Ein beispielhaftes Produkt hierfür führte Seifer die basemap.de P10 an. Der Inhalt und das Styling sind dabei für eine Printausgabe im Maßstab 1:10.000 optimiert und werden vierteljährlich aktualisiert. Die Produktion erfolgt dabei vollautomatisch und ohne Nacharbeit und ist bundesweit einheitlich.   
Seifert fasste zum Ende seines Vortrags zusammen, dass die Produkte der AdV amtlich (qualitätsgesicherte, flächendeckende, einheitliche Geobasisdaten mit hoher Aktualität und zentraler Entwicklung), modern (agile Entwicklung, moderne Technologien, Open Source Software, neues Kartenstyling) und flexibel (Bereitstellung über API, OGC-Webservices, Geopackages etc., anpassbares Styling, Desktop- und mobile Nutzung) sind und somit mannigfaltige Nutzungsmöglichkeiten eröffnen.

Zum Abschluss der Fachtagung bedankte sich Markus Muhler bei allen Referenten für ihre spannenden und faszinierenden Vorträge, welche das Thema Liegenschaftskataster in der aktuellen Zeit vollumfänglich beleuchtet haben.

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